Pius IX., das Unfehlbarkeitsdogma und die Erfindung des Katholizismus im 19. Jahrhundert
Wednesday, 14. October 2020, 18:30 -
20:30
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Mittwoch, 14. Oktober 2020, 18.30 - 20.30 Uhr
Prof. Dr. Dr. h.c. Hubert Wolf
Buchstäblich unter Blitz und Donner verkündete Papst Pius IX. vor anderthalb Jahrhunderten das Unfehlbarkeitsdogma. Außerdem bekräftigte das Erste Vatikanische Konzil den Jurisdiktionsprimat: Der Bischof von Rom durfte jetzt in alle anderen Diözesen der Welt hineinregieren. So entstand die katholische Kirche, wie sie uns heute selbstverständlich erscheint. Sie ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts.
Hubert Wolf schildert, wie ausgerechnet ein kränklicher Junge aus der italienischen Provinz zu einem Papst heranwuchs, der die katholische Kirche wie kein zweiter prägte. Es überrascht, wie frei Pius IX. Traditionen neu erfand, in der Marienverehrung ebenso wie im Umgang mit dem Konzil. Zugleich gelang es ihm, diese Neuerfindungen dauerhaft abzusichern und als einzige, ewig gültige Ausformung der katholischen Kirche darzustellen.
In einer Zeit, in der Kirche und Papsttum existenziell bedroht waren, setzte Pius IX. seine Vorstellungen rigoros und ohne Kompromisse durch. Dabei brachte er die katholische Kirche in eine Frontstellung zur Moderne, die auch das Zweite Vatikanische Konzil nur teilweise überwinden konnte. Viele andere Möglichkeiten des Katholischseins gerieten darüber in die Defensive oder in Vergessenheit - mit schwerwiegenden Folgen für die Kirche der Gegenwart: Es ist nicht zuletzt auf Pius IX. zurückzuführen, dass sie sich mit Reformen so schwertut.