Seitenbereiche:
  • zum Inhalt [Alt+0]
  • zum Hauptmenü [Alt+1]

Hauptmenü schließen
  • Unser Angebot
    • Veranstaltungskalender
    • Lehrgang Theologie
      • Informationsveranstaltungen
      • Theologischer Fernkurs
      • Präsenzkurs in Wien
      • Theologischer Kurs Online
    • Wissen Kompakt
      • Spezialkurse
      • Studienreisen
        • Archiv
        • Studienreisen-Finder
      • Sprachkurse
        • Archiv
        • Kurs-Finder
    • Online-Module
      • Archiv Onlinemodule
      • Kurs-Finder
    • Akademie am Dom
      • Archiv AaD
      • Akademie am Dom-Kalender
  • Über uns
    • Auftrag
    • Team
    • Lehrende
    • Kuratorium
    • Geschichte
    • FREUNDE
    • Kooperations-Partner
    • Bibliothek
  • FREUNDE
  • Mediathek
    • Berichte
    • Videos
    • Audios
    • Fotos
    • theologie aktuell
    • Medienservice
  • Newsletter
  • Kontakt
    • Datenschutz & AGB
  • Mein Lehrgang
Mein Lehrgang BLOG facebook instagram youtube
BLOG facebook instagram youtube
Hauptmenü anzeigen
Hauptmenü:
  • Unser Angebot
    • Veranstaltungskalender
    • Lehrgang Theologie
      • Informationsveranstaltungen
      • Theologischer Fernkurs
      • Präsenzkurs in Wien
      • Theologischer Kurs Online
    • Wissen Kompakt
      • Spezialkurse
      • Studienreisen
      • Sprachkurse
    • Online-Module
      • Archiv Onlinemodule
    • Akademie am Dom
      • Archiv AaD
  • 75 Jahre Fernkurs
  • Über uns
    • Auftrag
    • Team
    • Lehrende
      • Lehrende Wien
      • Lehrende Fernkurs
      • Lehrende Onlinekurs
    • Kuratorium
    • Geschichte
    • FREUNDE
    • Kooperations-Partner
    • Bibliothek
  • FREUNDE
  • Mediathek
    • Berichte
    • Videos
    • Fotos
    • theologie aktuell
    • Medienservice
  • Newsletter
  • Kontakt
    • Datenschutz & AGB

  • FINDEN SIE IHR THEMA!
    • Mediathek
    • theologie aktuell
    • Beiträge Ausgabe 4 - 2024-25

    Inhalt:
    zurück

    Schutzengel und himmlische Begleiter


    Von Sachbearbeitern zu transzendenten Kuscheltieren

     

    Von Johann Evangelist HAFNER, Potsdam

     

    Primär-Quelle: „Von Sachbearbeitern zu transzendenten Kuscheltieren“, in: WuB 50 4/2008 („Engel“) 34–39.

     

    Erschienen in: theologie aktuell | Ausgabe 4 - Jahrgang 2024/25


    „Engel“ bilden traditionell in der himmlischen Hierarchie die unterste Stufe. Die Leiter beginnt oben mit den gottunmittelbaren Serafen und steigt über die Keruben, Throne, Gewalten, Kräfte, Mächte, Prinzipien und Erzengel ab bis zu den „angeloi“. Im Bemühen, die in der Bibel genannten Zwischenwesen zu systematisieren, hat der neuplatonisch denkende Theologe Pseudo- Dionysios (um 500 n.Chr.) zwei Einteilungsprinzipien angewandt: Dienst an Gott und Dienst an der Kreatur, philosophisch formuliert: Teilhabe am Sein und Weitergabe der Offenbarung. Je mehr ein Engel in der himmlischen Liturgie verortet ist, desto höher ist er. Je mehr ein Engel mit der Begleitung von Natur und Mensch beschäftigt ist, desto niedriger ist er. Die orthodoxen Liturgien zitieren zu Beginn des Hochgebetes heute noch diese neun Stufen, um auszudrücken, dass die feiernde Gemeinde in das Konzert der Engel einstimmt und sozusagen den zehnten Chor bildet.

     

    Gott strahlt seine Herrlichkeit aus; sie wird durch seine Boten gespiegelt und wie durch ein Prisma in die Welt gebrochen. Dadurch werden die Strahlen immer dünner, erreichen dafür aber jeden Winkel der irdischen Schöpfung. Während die obersten Engel den Hofstaat Gottes bilden, sind die untersten Engel quasi Aufschlagpunkte seiner Strahlen. Sie garantieren die größtmögliche Verbreitung seiner Gegenwart. Gott regiert die Welt nicht nur im Ganzen, er sorgt sich auch um die Details und umgibt Geschöpfe mit einer situationsgenauen Vorsehung (providentia specialissima). Während die Prinzipien (auch: Fürstentümer) Staaten beschützen, üben die Erzengel Patronate über Gemeinschaften aus. Gabriel berichtet dem Propheten Daniel in einer Vision über die jüngsten Tage, dass Michael, „der große Engelfürst, der für die Söhne deines Volkes eintritt“ (Dan 12,1) beim Kampf gegen die Perser hilft. (vgl. Dan 10,13). In frühneuzeitlicher Form treten Völker-Schutzengel in Nikolaus von Kues’ Schrift „Vom Frieden im Glauben“ auf. Bei einem himmlischen Konzil ist jede Nation durch ihren eigenen Engel vertreten. Dieser wählt jeweils einen menschlichen Vertreter aus, damit dieser im Himmel vorspräche. Cusanus macht die Schutzengel zu Diplomaten. Die einfachen Engel hingegen beschützen einzelne Menschen.

     

    Dieser individuelle Schutz des Höchsten wird in Psalm 91,11 beschrieben: „Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all seinen Wegen. Sie tragen dich auf ihren Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.“ Daher wurden Schutzengel (angeloi phylakes) stets im Zusammenhang mit der „speziellen Vorsehung“ gesehen.

     

    „Hütet euch davor, einen von diesen Kleinen zu verachten! Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen das Angesicht meines himmlischen Vaters.“ (Mt 18,10).

     

    Weil die Schutzengel besonders zu den Kleinen gesandt sind, werden sie in der Alten Kirche auch paidagogoi, „Kindführer“ genannt und in den Schlafzimmerbildern unserer Großeltern als guter Geist dargestellt, der ein Kind auf einer brüchigen Brücke über einen reißenden Wildbach führt. Das deutsche Wort „Schutzengel“ ist eine Übersetzung des lateinischen angelus custos und erstmals Mitte des 17. Jahrhunderts nachgewiesen.

     

    Einen Engel für jeden Menschen?

     

    Der Tradition stellt sich nun die Frage, ob Gott seine Schutzengel nur für kritische Situationen schickt, ob er jedem Gläubigen einen Schutzengel zu Seite stellt oder jedem Menschen oder jeder Kreatur.

     

    Wenn Gott den von ihm erwählten Menschen eine besondere Fürsorge zukommen lässt, dann kann man sich diese Zuwendung als Sendung eines eigenen Schutzengels gegen die Gefahren des Unglaubens und des Abfalls vorstellen, indem sie Versuchungen abwehren oder gute Gedanken eingeben. Schutzengel wären dann nur für Christen und darunter wieder nur für die Erwählten denkbar. Der sog. Weltkatechismus von 1992 macht sich diese auf Basilius zurückgehende Position zueigen.

     

    Der Großteil der Tradition beruft sich auf Thomas von Aquin, wonach jeder Mensch einen Schutzengel besitzt. Denn Gott weiß um die Schwäche der allgemeinen menschlichen Natur. Nach diesem Verständnis gehören Engel nicht zur Erlösungsordnung, sondern zur Schöpfungsordnung. Ihre Sendung besteht weniger in der Abwendung von Unglauben, sondern in der Bewahrung vor äußeren Gefahren, wie Unfällen und Krankheiten. Um diese Aufgabe auszuführen, benötigen Schutzengel die Gabe der speziellen Vorhersehung. Diese Vorstellung befindet sich bereits nahe dem antiken Glauben an Schutzwesen, Genien, Penaten, Laren.

     

    Im Zuge der ökologischen Theologie wird in jüngster Zeit auch die am weitesten gehende Meinung vertreten, dass alle Lebewesen und sogar Landschaften oder Flüsse ihre Schutzengel haben. In der Esoterik wird das Aura-Sehen geübt, mit dem man die feinstoffliche Umhüllung von Menschen, Tieren und Bäumen wahrnimmt und mit ihnen in energetischen Kontakt tritt.

     

    In allen Religionen

     

    Religionsgeschichtlich lassen sich zu Schutzengeln viele Parallelen finden. Freilich kann man verschiedene Mythologien nicht unter einen klaren Begriff bringen, sondern nur Ähnlichkeiten im Erscheinungsbild (geflügelte Begleiter) oder in der Funktion (Hilfe oder Bedrohung) feststellen. Als grobe religionsphänomenologische Suchkategorie soll formuliert werden: übermenschliche, nicht- oder halbgöttliche Wesen, die individuell (bestimmten Menschen, Familien, Orten) zugeordnet sind. Ob die Wesen hilfreich oder gefährlich sind, ist damit noch nicht festgelegt. Unter diese Kategorie fallen:

    • die fravasˇis im Zoroastrismus: geflügelte, kriegerische Geister von verstorbenen Heroen, die in Gruppen auftreten und die Anhänger der persischen Religion beschützen,
    • die apsaras in der vedischen Religion: Wassergeister, die sich mittels Flügeln fortbewegen und den Menschen Weisungen von den Göttern bringen,
    • die kas in der ägyptischen Religion: eine von dem an den Körper gebundenen ba freie Außenseele jedes Menschen, die meist als Vogel dargestellt wird,
    • die daimones in der griechischen Religion: Mittlerwesen, in der pythagoräischen Literatur eng mit dem Begriff der psyche (Seele) und ihrem postmortalen Leben verbunden; sie bilden „das Mittlere“ wie Platon definiert zwischen dem Göttlichen und dem Menschlichen, welches das Sehnen einzelner Menschen nach dem Oben entzündet und deren Opfer dorthin bringt; umgekehrt bringen sie den Willen des Zeus hinab,
    • die genii in der römischen Religion: Götter, die für den Schutz von einzelnen Personen und deren Zeugungskraft zuständig sind (von generare = zeugen, meist als geflügelter Jüngling dargestellt), ihren Eingebungen soll der Mensch nachgeben, weil der genius die göttliche Repräsentation des gesamten Lebens ist,
    • die alfar (Elfen, Elben) in der nordischen Mythologie: dunkle oder lichte Waldgeister bzw. ein menschenähnliches, halbgöttliches Geschlecht, die meist in Gruppen als unheimliche Verfolger oder hilfreiche Begleiter, v.a. in Bezug auf die Fruchtbarkeit wirken,
    • die dschinni im Islam: von den Engeln unterschiedene Feuergeister, die paarweise – ein guter und ein böser Dschinn – den Menschen in seiner Rechtleitung, v.a. in seiner Koranlektüre stören oder bekräftigen.

     

    Rafael – der Prototyp des Schutzengels

     

    Das wahrscheinlich in Mesopotamien entstandene Buch Tobit (vor 170 v.Chr.) ist ein Roman über einen frommen Juden (Tobit) und eine junge Jüdin (Sara) in der Diaspora, denen eine Kette von Unglück zustößt (Erblindung bzw. Tod der Bräutigame), was neben dem Leid auch zum Gespött der Umgebung führt. Tobit schickt seinen Sohn Tobias auf Reisen, um eine Schuld einzutreiben und sich eine jüdische Frau zu suchen.

     

    „Tobias ging auf die Suche nach einem Begleiter und traf dabei Rafael; Rafael war ein Engel, aber Tobias wusste es nicht.“ (Tob 5,4)

     

    Rafael lehrt ihn, Heilmittel aus einem Fisch zu gewinnen, führt Tobias und Sara zusammen, beschützt deren Hochzeitsnacht vor einem männermordenden Dämon, fesselt ihn, vermittelt mit dem Schwiegervater, begleitet die Rückreise und heilt den Vater von der Blindheit. Erst am Ende der Geschichte offenbart sich der bis dahin inkognito gebliebene Begleiter: „Ich bin Rafael, einer von den sieben heiligen Engeln, die das Gebet der Heiligen emportragen und mit ihm vor die Majestät des heiligen Gottes treten.“ (Tob 12,15) Um diese Selbstbezeichnung Rafaels zu verstehen, muss man in zeitgleichen frühjüdischen Texten nachsehen:

     

    Im Henochbuch (vor 150 v.Chr.) werden vier (1 Hen 9f.: Sariel = Uriel, Rafael, Gabriel, Michael; in der späten Einfügung 1 Hen 37-71 wird statt Uriel Phanuel erwähnt, vgl. 40) bzw. sieben „Angesichtsengel“ genannt (1 Hen 20: Uriel/Phanuel, Rafael, Raguel, Michael, Sarakiel, Gabriel), wobei Rafael für die Kontrolle der Geister (1 Hen 9) und die Krankheiten der Menschen (1 Hen 40) zuständig ist. Jedoch erfüllen alle Angesichtsengel Schutzfunktionen. Sie tragen zwar nicht die Gebete, wohl aber das Klagen der unter den Einflüssen gefallener Engel leidenden Menschen vor Gott. Die Rolle des Boten kommt dem „Menschensohn“ Henoch zu, der ein Gnadengesuch für die gefallenen Engel verfasst, das aber abgelehnt wird. Diese soll er aber ermahnen: „Ihr sollt für die Menschen bitten, nicht die Menschen für euch“ (1 Hen 14,2). Offensichtlich lag eine der Sünden der Engel darin, sich von Menschen verehren zu lassen, anstatt ihrer Aufgabe als Gebetsübermittler nachzukommen. Das etwas jüngere Jubliäenbuch kennt nur einen Angesichtsengel, der als Sekretär Gottes und als Sprecher aller Engel fungiert (vgl. Jub 2,27; 3,1). Es bezieht sich dabei auf Ex 33,14, wo Gott verspricht, „mein Angesicht wird mitgehen“ und damit dem Exodus der Israeliten Schutz verheißt. Die Sorge um hilfreiche Wegbegleitung ist der Grund, warum Mose wissen will, wie dieses mitziehende panijm aussieht. Das Antlitz Gottes ist keine Vision seines Wesens, sondern eine Zusage, seinen Schutz auch auf Reisen – fern von den Opferstätten – nicht zu versagen. In Ex 14,19 zieht der Engel Gottes vor (panjim) dem Zug der Israeliten in Form einer Wolkensäule her und hält die Ägypter dann auf Abstand. In Jub, 1 Hen und Tob wird das „Angesicht“ mit einem Engel (oder mehreren hohen Engeln) identifiziert, da sie vor (panijm) Gott stehen. Die Identifikation vom Angesicht Gottes und dem Voraus-Ziehen halte ich für den Ursprung der jüdisch-christlichen Schutzengelvorstellung.

     

    Sachbearbeiter Gottes

     

    Dass Engel für die Gläubigen im Thronrat Gottes eintreten oder sie verklagen, ist auch aus den zeitnahen Büchern Ijob (1,6– 12; 33,26), Joseph und Aseneth (15,2) und unteräthiopischer Henoch (9; 99,3) bekannt. Dahinter steht die Vorstellung, dass man Gott nicht direkt adressiert, sondern seine „Majestät“ durch Mittler bittet. Gott sendet im Gegenzug Diener seines Hofstaats, um dem Anliegen zu entsprechen. Gerade die punktgenaue Hilfe durch den Mächtigen bedarf einer behördenförmigen Anhörung und Verteilung. Schutzengel lösen sozusagen ein Allokationsproblem zentralisierter Macht. „Das Gebet beider, Tobits und Saras, fand Gehör bei der Majestät des großen Rafael. Er wurde gesandt, um beide zu heilen.“ (Tob 3,16.17a) Rafaels Hilfe ist Folge eines Bittgesuchs, das er laut Tob 12,15 im Himmel vorgetragen hat und zu dessen Erfüllung er beauftragt wird. Das Verhältnis von Gott und Engel ergibt sich bereits aus dem Namen Rafaels „Gott heilt“ (von rf’ = heilen): Dieser eine von den sieben Thronengeln ist zuständig für Heilungs- und Rettungsaufgaben.

     

    Die Engel handeln in Arbeitsteilung; sie vermitteln zwischen Beter und Gott als eine Art Sachbearbeiter. Dieser bürokratische Grundzug wird besonders deutlich im zeitgleich entstandenen Henochbuch, wo die Menschen zu den „Heiligen des Himmels“ (die Engel) und nicht direkt zu Gott schreien: „Bringt für uns den Rechtsfall vor den Höchsten!“ ( 1 Hen 9,3b). Die Anliegen der Menschen können nicht einfach hinauf geschrien, sie müssen über die zuständigen Ministerien als Eingabe formuliert werden. Diese wird vor dem Höchsten verhandelt (vgl. 1 Hen 9,10f.), bevor dieser seine Hilfsmaßnahmen beschließt.

     

    Die Schutzengel stammen also ursprünglich aus der Vorstellung, dass Gott im Himmel mit geistigen Wesen Rat hält, wie seine Güte zu verwalten ist. Im Himmel repräsentiert Rafael die Menschen vor Gott (vgl. auch Mt 18,10), auf Erden aber ist er kein Repräsentant Gottes, sondern die Exekutive Gottes. Schutzengel sind insofern eine deutliche Modifikation des Konzepts vom Botenengel (mal’ak JHWH), der Gottes Weisung mitteilt und ihn dabei so getreu repräsentiert, dass das Boten-Ich mit dem Gott-Ich verwechselbar wird.

     

    Der Schutzengel hingegen wird – anders als der Botenengel – mit gewöhnlichen Menschen verwechselt, selbst da noch, wo Tobit für seinen Sohn und dessen Begleiter (Deckname Asarja) wünscht, ein Engel Gottes möge sie begleiten (Tob 5,17)! Botenengel erscheinen als Repräsentanten Gottes, Schutzengel als Repräsentanten der Menschen.

     

    „Engel Gottes, mein Beschützer“ – Gebet und Liturgie

     

    Im katholischen Kirchenjahr wurde im 16. Jh. ein eigenes Schutzengelfest gestattet und 1615 in den Römischen Kalender (seither am 2. Oktober) als gebotenes Fest aufgenommen. Sein Tagesgebet bietet eine komprimierte Theologie der Schutzengel: „Gott, in deiner Vorsehung sorgst du für alles, was du geschaffen hast. Sende uns deine heiligen Engel zu Hilfe, daß sie uns behüten auf all unseren Wegen, und gib uns in der Gemeinschaft mit ihnen deine ewige Freude.“ Im Zweiten Vatikanum werden die Engel nur noch beiläufig im Zusammenhang der Heiligenverehrung erwähnt (Lumen Gentium 48). Das private Gebet zum Schutzengel hat im letzten Jahrhundert im Zuge einer Konzentration auf den einzigen Mittler und Beschützer, Christus, abgenommen. Das Gotteslob bringt nur noch drei Schutzengel- Gebete: ein Stoßgebet, in einem Abendgebet und in einer Engelandacht.

     

    Das bekannte volkstümliche Abendgebet „Angele Dei“, das sich im Unterschied zu den Gottlob-Gebeten direkt an den Schutzengel wendet, hat keinen Eingang in das offizielle Gotteslob gefunden („Angele Dei,/ qui custos es mei,/ me, tibi commissum pietate superna,/ illumina, custodi, rege et guberna.” „Engel Gottes, mein Beschützer, dem ich anvertraut bin, begleite, erleuchte, beschütze, leite und führe mich!“)

     

    Die Schutzengelfrömmigkeit hat vor allem in Abendgebeten überlebt, weil der Schlaf als Zustand des Ungeschütztseins empfunden wird. Der Mensch verliert mit seinem Bewusstsein die Fähigkeit, über sich selbst zu wachen; in den Träumen bedrängen ihn Bilder der Lust, der Verzweiflung und der Gewalt. Keiner kann gewiss sein, dass er wieder erwacht. Daher wird auch im Judentum der Tod mit „im Staube schlafen“ umschrieben und mit dem Einschlafen auch das Ende des irdischen Lebens antizipiert. An Stelle der Selbstkontrolle bittet der religiöse Mensch seinen Schutzengel zu wachen. Das Nachtgebet der Juden endet mit dem Ruf: „Siehe, es schläft nicht und schlummert nicht der Hüter Israels. […] Im Namen des Herrn, des Gottes Israels: zu meiner Rechten Michael, zu meiner Linken Gabriel, vor mir Uriel, hinter mir Rafael und über meinem Haupte die Herrlichkeit Gottes.“

     

    Helfer, keine Retter – Theologische Funktion

     

    Mit dem prognostischen Wissen um mögliche und wirkliche Folgen des eigenen Handelns nimmt auch die Unsicherheit der Menschen zu, wie man richtig handeln soll. Zudem nimmt mit dem diagnostischen Wissen um die Zusammenhänge in Natur und Kultur das Bewusstsein zu, dass nichts so sein muss, wie es ist. Alles könnte man anders machen, und alles hätte anders kommen können. Der säkulare Mensch erlebt die gestiegene Kontingenz als dauernde Frustration durch nicht berechenbare Ereignisse. Der religiöse Mensch behauptet, dass sowohl der Unfall als auch der Glücksfall seine Ordnung hat, weil Gottes Wille in allem waltet. Nichts geschieht ohne Sinn, auch wenn der Sinn im Moment nicht erkennbar ist. Die Differenz von behauptetem und erfahrenem Sinn wird durch den Glauben an Schutzengel gemindert. Weil auch sie nur Kreaturen und damit endliche Wesen sind, können sie Gottes Willen nur sekundieren, nicht aber durchsetzen. Sie helfen, aber sie retten nicht; sie bewahren in Gefahren, aber verhindern Gefahren nicht; sie bringen auf Ideen, aber sie zwingen nicht zur Erkenntnis; sie korrigieren, aber sie richten nicht. Der Schutz der Engel ist daher vom Schutz des Höchsten zu unterscheiden. Der Engel in Getsemani tröstet Jesus in seiner Depression, aber bewahrt ihn nicht vor der Todesfolter. Anders als Christus vermag der Schutzengel nicht, stellvertretend zu leiden und zu sühnen. Anders als die ihre eigene Wirklichkeit und Wirksamkeit schaffende Gnade Gottes bleibt die Hilfe des Engels gebunden, zwar nicht an die Grenzen von Raum und Zeit, wohl aber an die Grenze der menschlichen Freiheit.

     

    Schutzengel dienen so zur theologischen Entlastung Gottes. Sein Nicht-Eingreifen muss nicht direkt seinem Unwillen, sondern kann der Endlichkeit seiner Engel zugerechnet werden. „Fahre nicht schneller, als dein Schutzengel fliegen kann“.

     

    Immer mehr Engel – Esoterische Einflüsse

     

    Wer heute die Todesanzeigen aufschlägt oder über Friedhöfe geht, findet immer mehr Engel und immer weniger Kreuze. Viele Menschen wechseln nicht aus dem Christentum in eine säkularisierte Formensprache, sondern bedienen sich weiterhin aus dem christlichen Fundus, wobei aus den verschiedenen Engelbüchern klar wird, dass „Schutzengel“ als eine überkonfessionelle und transreligiöse Frömmigkeit verstanden werden.

     

    Je nach Erhebung schwanken die Daten stark, aber in der letzten Dekade lässt sich ein deutlicher Anstieg an Engelfrömmigkeit beobachten: Laut einer Forsa-Umfrage lag der Glaube an Schutzengel 1997 bei 50%, 2005 bei 64%. Diese Entwicklung verwundert umso mehr, als im selben Zeitraum der Glaube an einen persönlichen Gott abgenommen hat: 1998 waren es 37%, 2007 nur noch 26%.

     

    Der Schutzengelglaube ist derzeit mehr als doppelt so verbreitet wie der Gottesglaube. Prekär bleibt bei diesen Umfragen, was „Glauben an …“ bedeutet: „mit der möglichen Existenz von etwas rechnen“ (Glaube, dass) oder „etwas als Ziel der eigenen Hingabe haben“ (Glaube an)? Die Engelkonjunktur scheint allerdings ein mitteleuropäisches Sonderphänomen zu sein. Meine Erkundigungen an Universitäten in den USA und in Indien haben ergeben, dass das Thema „Engel“ dort kaum eine Rolle im akademischen Diskurs spielt.

     

    Wohl aber in der populären Frömmigkeit! Die Schutzengelreligion versteht sich grundsätzlich als Dienst zur Behebung von Lebensproblemen. Daher steht ein Großteil der Engelbücher zu Recht in den Regalen für Ratgeberliteratur. Die Engel warten darauf, dass Menschen ihre Sorgen und Nöte deutlich formulieren. Als Methoden dienen hierfür bildliche Vorstellung (Visualisierung) oder deutliches Aussprechen (Affirmationen). Die Bücher von Alexa Kriele, Silver Ravenwolf, Doreen Virtue und Sabrina Fox sind Anleitungen, die eigenen Wünsche endlich einmal klar auszusprechen. Denken erhält bei Fox eine magische Kraft: Was man sich vorstellt, wird von den Engeln auch bewirkt. Daher wird die Mahnung ausgesprochen, nur Positives zu denken, da negative Gedanken sich selbst erfüllen. Religionssystematisch stellen Virtues und Fox’ Schriften die Verdoppelung menschlicher Befindlichkeit auf spiritueller Ebene dar. Jedem Gefühlszustand entspricht ein gleichschwingender Engel, der das Bedürfnis repräsentiert, dafür zuständig ist und es eventuell bedient.

     

    Bevor man den populären Schutzengelglauben als Wünsch-dir-was-Religion denunziert, soll man sich erinnern, dass die Stilisierung von Wünschen eine der biblischen Aufgaben von Schutzengeln war. Sie bringen Anliegen vor Gott und beantworten sie auf dessen Geheiß. Will man der Vorstellung von Schutzengeln heute noch etwas abgewinnen, dann gerade durch die Interpretation dieser Aufgabe: religiöse Kanalisierung von Wünschen. Es war immer eine wichtige Funktion von Religion, den Kreis aus Bedürfnis und Befriedigung dadurch aufzubrechen, dass man die Befriedigung unter spirituelle Bedingungen stellt, sprich: einem Schutzengel anvertraut. Die Schutzengelfrömmigkeit ist keineswegs ein Ausdruck des Hedonismus, wie es in polemischer kirchlicher Literatur gern dargestellt wird, sondern ein Ausdruck verunsicherter und verletzter Menschen, die ihren Blick nach oben richten, und ihre Hoffnung auf eine Vielfalt von Schutzwesen richten. Hier liegt auch die Grenze der Schutzengelfrömmigkeit: Trotz der Engeltabellen und Ritualbücher herrscht in ihr eine eigenartige Verwirrung. Mehrere Interviews mit privaten und professionellen Engelmedien haben mir gezeigt, dass dort die Begriffe „Energie“, „Engel“, „Gott“, „höheres Selbst“ ineinander übergehen, wie es durch Beliebigkeit zur Inflation von Namen und Ritualen kommt. Die Transzendenz des einen Gottes wird durch eine Art Transzendenz aus Überkomplexität ersetzt. So gerät die esoterische Angelologie oft zur Suche nach dem rechten angelischen Adressaten und Ritus.

     

    Die Konzentration auf einige Hochengel, z.B. Metatron oder Michael, die nicht nur in einzelnen Situationen im Leben beschützen, sondern das Leben insgesamt, indem sie andere Engel koordinieren, wiederholt in gewissem Sinne die Christologie des frühen Christentums, wo Christus als Herrscher aller Engel verkündet wurde (vgl. Hebr) und in einigen frühchristlichen Schriften in direkter Konkurrenz zu Michael stand. Insofern ist Christologie ein Gegenmittel gegen zuviel Angelologie. Bezeichnenderweise hat die Christusfigur die zwei wichtigsten angelologischen Titel der hebräischen Bibel und der frühjüdischen Texte, nämlich „Gottessöhne“ und „Menschensohn“ auf sich gezogen! Die Konkurrenz von Christus und den Engeln ist noch keineswegs hinreichend erforscht.

     


    Quelle: „Von Sachbearbeitern zu transzendenten Kuscheltieren“, in: WuB 50 4/2008 („Engel“) 34–39.

     

    Zur Person: Johann Ev. Hafner ist Professor für Religionswissenschaft mit dem Schwerpunkt Christentum am Institut für Jüdische Studien und Religionswissenschaft der Universität Potsdam.

    zurück

    Theologie braucht FREUNDE

    Der Verein der FREUNDE der THEOLOGISCHEN KURSE sieht es als seine Aufgabe, die THEOLOGISCHEN KURSE in ihrer Arbeit zu unterstützen.

     

    Information & Anmeldung

     
    Footermenü:
    • Unser Angebot
      • Veranstaltungskalender
    • 75 Jahre Fernkurs
    • Über uns
    • FREUNDE
    • Newsletter
    • Kontakt
      • Datenschutz & AGB

    THEOLOGISCHE KURSE
    Stephansplatz 3
    1010 Wien
    +43 1 51552-3703
    office@theologischekurse.at

    nach oben springen